Für ihre Vorhaben auf den Gebieten der Photovoltaik und der Medizinsensorik erhalten der Physiker Ulrich W. Paetzold und der Chemiker Frank Biedermann in den kommenden fünf Jahren rund zwei Millionen Euro, da die Forschenden des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) in der Vergaberunde 2022 der renommierten „Consolidator Grants” des Europäischen Forschungsrates erfolgreich abgeschnitten haben.
„Forschende des KIT bewerben sich seit Jahren erfolgreich um die begehrte Förderung des europäischen Forschungsrates. Ich freue mich sehr, dass Ulrich W. Paetzold mit seinem Vorhaben im Themengebiet der Photovoltaik und Frank Biedermann mit seinen Arbeiten auf dem Gebiet der Sensorik gleich zu Beginn des neuen Jahres diese Erfolgsserie durch den Erhalt des ERC Consolidator Grants fortsetzen konnten“, sagt Professor Oliver Kraft, Vizepräsident des KIT für Forschung.
Effiziente und kostengünstigere Herstellung von Perowskit-Solarzellen
Photovoltaiktechnologien sind Eckpfeiler aller Zukunftsszenarien einer nachhaltigen Energieversorgung. Innovative, kostengünstige und hocheffiziente Materialien für die Solarmodule der nächsten Generation zu entwickeln, ist daher von höchster Dringlichkeit. Derzeit gilt insbesondere die Materialklasse der Perowskit-Halbleiter als äußerst aussichtsreich für die Solarzellen der Zukunft. Den wirtschaftlichen Durchbruch dieser Technologie verhindern derzeit jedoch die noch nicht ausreichende Stabilität und die Herausforderung, auf großer Fläche hochwertige Perowskit-Dünnschichten herzustellen. Mit dem Projekt „LAMI-PERO“ will Tenure-Track-Professor Ulrich W. Paetzold einen radikal neuen Herstellungsprozess entwickeln, der das Potenzial hat, diese Schwierigkeiten zu überwinden. Ziel des Projekts ist es, ein grundlegendes Verständnis darüber zu etablieren, wie Perowskit-Dünnschichten unter hohem Druck entstehen, außerdem stabilere und neuartige Zusammensetzungen der Perowskit-Halbleiter zu entdecken und damit hocheffiziente Perowskit-Solarzellen und Tandem-Solarzellen herzustellen.
Supersensoren für die Medizindiagnostik
Im Projekt „SupraSense“ will Emmy-Noether-Nachwuchsgruppenleiter Dr. Frank Biedermann hochspezifische und dennoch einfach herzustellende Sensoren für die Medizindiagnostik entwickeln. Diese „SupraSensoren“ basieren auf völlig neuartigen Materialien, die Enzymtaschen nachahmen. In ihnen soll sich die gewünschte molekulare Erkennung und Signalgenerierung abspielen. Ziel ist es, die Sensoren sowohl in ärztlichen Praxen und Krankenhäusern als auch in Privathaushalten direkt für die molekulare Diagnostik mit Urin, Speichel und Blut einzusetzen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Nachweis von Stoffwechselprodukten, die den 24-Stunden-Rhythmus (circadiane Rhythmik) anzeigen und wichtige Krankheitsindikatoren sind, beispielsweise Aminosäuren und Neurotransmitter. Für die Entwicklung dieser Sensoren werden die Prinzipien der molekularen Erkennung durch die Materialwissenschaft mit chemiegestütztem Deep Learning kombiniert. Dank ihrer hohen Empfindlichkeit und Selektivität könnten die so hergestellten Sensoren einen neuartigen Zugang zum Design von künstlichen Rezeptoren eröffnen und im Erfolgsfall zukünftig die Früherkennung von kardiovaskulären Erkrankungen, Entzündungen, Sepsis und anderen Stoffwechselerkrankungen oder altersbedingten Krankheiten entscheidend verbessern.
ERC Consolidator Grants 2022
Mit den ERC Consolidator Grants fördert der europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) Projekte herausragender Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, deren Promotion sieben bis zwölf Jahre zurückliegt und deren eigene, unabhängige Arbeitsgruppe sich in der Konsolidierungsphase befindet. In der Ausschreibungsrunde 2022 wurden Consolidator Grants für insgesamt 321 Projekte in 21 Ländern mit einem Gesamtfördervolumen von 657 Millionen Euro vergeben, davon 62 Projekte an deutsche Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Eingereicht wurden 2222 Anträge; die Bewilligungsquote beträgt 14,4 Prozent.