Seit den 1960er-Jahren entwickelt und produziert Pajunk Produkte für die Medizintechnik. Um die Kontamination durch Keime und Partikel zu unterbinden, muss die Herstellung in Reinräumen erfolgen, die den hohen Anforderungen des EG-GMP-Leitfadens entsprechen. Die Produktion von Komponenten für die Biopsie und Anästhesie mittels Spritzgussverfahren im Reinraum geht jedoch mit hohen Energiekosten einher. Für das neue Logistik- und Produktionszentrum im baden-württembergischen Geisingen suchte das Unternehmen deshalb nach einer energieeffizienten Lösung. Mit der Realisierung beauftragte Pajunk BC-Rechnology: Die Reinraumexperten planten und lieferten in enger Zusammenarbeit mit dem beteiligten Spritzgussmaschinenhersteller einen Reinraum gemäß GMP-Klasse D mit einer Größe von 1.015 Quadratmetern, in welchem die Spritzgussmaschinen direkt in die Reinraumwand integriert sind. Die Räumlichkeiten wurden so konstruiert, dass sich auch in Zukunft weitere Maschinen anbinden lassen.
Bis vor kurzem ließ Pajunk diverse Spritzgussteile, die im medizinischen Alltag unter anderem bei der Biopsie und Anästhesie eingesetzt werden, in einem ausgelagerten Prozess fertigen. Das neue Logistik- und Produktionszentrum mit einer Gesamtfläche von 4.550 Quadratmetern bietet nun die Möglichkeit, die Herstellung der Komponenten am eigenen Standort durchzuführen. Dadurch lässt sich die Produktion zum einen besser kontrollieren, zum anderen wird die komplette Prozesskette von der Entwicklung bis zur Auslieferung verschlankt. Ebenso sollen im Reinraum verschiedene Prüfverfahren durchlaufen und Verpackungsprozesse in Sterilbarrieresystemen durchgeführt werden. Eine weitere Anforderung an den neuen Reinraum war, dass die Materialzufuhr aus dem automatischen Kleinteilelager (AKL) durch die Materialschleuse selbständig erfolgen sollte, um die intralogistischen Transportprozesse zu optimieren.
Bei der konkreten Planung stieß der Medizintechnikspezialist jedoch auf einige Herausforderungen. „Wir stellen sehr hohe Ansprüche an die Hygiene und Qualität unserer Produkte“, sagt Armin Pfeifer, Leiter Qualitätsmanagement bei Pajunk. „Gleichzeitig wollten wir die Herstellungsprozesse so weit verschlanken, dass auf Reinigungsprozesse nach der Herstellung möglichst verzichtet werden kann.“ Eine gängige Lösung besteht darin, den Produktionsvorgang der Medizintechnikprodukte komplett in den Reinraum zu verlegen. Das Problem dabei: Werden Spritzgussmaschinen im Reinraum installiert, erhöht sich der Energieverbrauch signifikant. Dafür verantwortlich ist die starke Wärmeentwicklung, die sich durch den Spritzgussprozess ergibt: Beim Thermoplastspritzgießen erreicht die Kunststoffmasse etwa eine Temperatur von bis zu 300 Grad Celsius, was zu einer erhöhten Umgebungstemperatur führt. Die Produktion unter Reinraumbedingungen erfordert jedoch unter anderem konstante Temperaturverhältnisse, was wiederum die verbauten Klimageräte stärker beansprucht und einen höheren Energieverbrauch zur Folge hat.
Pajunk suchte deshalb nach einer Möglichkeit, die Kunststoffspritzgussprodukte einerseits unter reinen Bedingungen herstellen zu können, andererseits die Energiekosten niedrig zu halten. Bei Recherchen und dem Erfahrungsaustausch mit regionalen Herstellern aus der Branche wurde das Unternehmen auf BC-Technology aufmerksam. Dank eines überzeugenden Planungskonzeptes für den Reinraum samt Nebenanlagen und MSR-Technik erhielten die Reinraumspezialisten von Pajunk den Auftrag.
„Um diese Anforderungen zu erfüllen, haben wir eng mit dem am Projekt beteiligten Maschinenhersteller zusammengearbeitet“, so Jürgen Wolf, Projektleiter bei BC-Technology. „Die Spritzgussmaschine mit dem dazugehörigen Werkstückwechsler befindet sich außen an der Reinraumwand im Schwarzbereich des Produktionszentrums. Sie wurde jedoch so installiert, dass sie sich vom Reinraum aus bestücken und nach dem Spritzgussvorgang entladen lässt.“ Dazu werden die zu umspritzenden Rohlinge in das Werkzeug eingelegt. Anschließend wird der Drehtisch um 180 Grad zur Maschine hin gedreht. Während des Spritzgussprozesses können im Reinraum zeitgleich die im vorherigen Takt gespritzten Teile entnommen werden.
Damit die Bauteile unter Reinraumbedingungen umspritzt werden, wurde für den Spritzbereich eine horizontal strömende Filter-Fan-Unit (FFU) als Schutzzone an das Gehäuse der Spritzgussmaschine angebaut. „Das Konzept der durch die FFUs erzeugten turbulenten Luftströmung sowie die praktische Umsetzung haben uns überzeugt. Auch konnten wir die daraus resultierenden Vorteile gut nachvollziehen“, erläutert Armin Pfeifer, Leiter Qualitätsmanagement. Die Luftqualität der FFU entspricht der Klasse 5 gemäß DIN EN ISO 14644 und ist gemäß der Reinheitsklasse A nach dem EG-GMP-Leitfaden, Annex 1, qualifiziert. Durch die Installation der Spritzgussmaschinen im Schwarzbereich entsteht zum einen nur eine sehr geringe Wärmelast im Reinraum selbst, was im Umkehrschluss niedrige Energiekosten bedeutet. Zum anderen kann das zuständige Personal die Spritzgussmaschinen im Schwarzbereich warten, wodurch sich die intern ablaufenden Fertigungsprozesse grundsätzlich vereinfachen lassen. Des Weiteren werden auch die Reinraumbedingungen nicht unnötig durch Partikelentwicklungen beeinträchtigt.
Nachträglich erweiterbares Konzept für hohe Flexibilität
„Bei der Planung spielte außerdem eine entscheidende Rolle, dass Pajunk sich ein nachträglich erweiterbares Konzept wünschte“, führt Wolf aus. „Das heißt, dass auch nach der Fertigstellung und ersten Inbetriebnahme des Reinraumes noch die Möglichkeit bestehen sollte, Spritzgussmaschinen und weitere Technologien wie etwa Laserschweißen, Lasergraduieren und robotergestützte Fertigungsverfahren unabhängig voneinander und zeitlich versetzt zu integrieren und in Betrieb zu nehmen.“ In nur neunmonatiger Bauzeit wurde das Projekt mit einer Größe von 1.015 Quadratmetern realisiert, die Schleusen umfassen 122 Quadratmeter. Außerdem verfügt der Reinraum im Bereich des Besucherflurs über eine raumhohe, großflächige Glaswand. Beim Bau wurden bereits zwei Spritzgussmaschinen an den Reinraum angebunden; zum Jahresende 2018 kam eine dritte Maschine hinzu. Um diese nachträglichen Erweiterungen realisieren zu können, wird der Reinraum von innen durch eine mobile Wand abgetrennt. So kann die Öffnung, die für eine neue Maschine benötigt wird, ausgeschnitten werden, ohne dass der Reinraum mit unerwünschten Partikeln kontaminiert wird.
Im Jahr 2019 sind weitere Spritzgussmaschinen geplant. Da sich das Anbindungskonzept bewährt hat, soll dieses auch bei der folgenden Integration neuer Maschinen beibehalten werden. Dementsprechend positiv bewerten die Geschäftsführer auch das Projekt: Die Zusammenarbeit bezeichnen sie als unkompliziert und konstruktiv. Auch in Zukunft können sie sich gut vorstellen, mit dem Anbieter zu kooperieren.