Den hohen Stellenwert der Trocknung im Fertigungsprozess bewusstmachen, ihn verbessern und damit Qualität, Prozesssicherheit und Wirtschaftlichkeit optimieren – das ist das Leitmotiv eines Trocknerherstellers aus dem Allgäu, der ein eigenes Trocknungsverfahren entwickelt hat. Auch einige Unternehmen aus der Pharmaindustrie wissen zwischenzeitlich die Vorzüge dieser Trocknungstechnologie zu schätzen.
Besagtes Trocknungsverfahren ist heute nicht mehr neu, aber vielen Betreibern nach wie vor unbekannt. Es handelt sich um die sogenannte Kondensationstrocknung auf Wärmepumpenbasis, die der Trocknungsanlagenbauer Harter aus Stiefenhofen im Allgäu vor über 25 Jahren auf den Markt gebracht und immer weiterentwickelt hat. Ursprünglich wurde dieses Verfahren in der Automobilindustrie eingesetzt. Im Minutentakt müssen dort Produkte aus Metall oder Kunststoff nach Veredelungs- oder Reinigungsprozessen getrocknet werden. Die Anforderungen der Branche an die Trocknung – schnell, vollständig, schonend und zugleich energiesparend – waren und sind hoch. Das von Harter entwickelte Verfahren vereint all diese Qualitätsmerkmale, so widersprüchlich sie auch klingen mögen. Der Grund hierfür liegt in seinem physikalisch alternativen Ansatz, den der Trocknerhersteller für seine Technologie nutzt. Über die Jahre wurden unter anderem Elektronikunternehmen, Schweizer Uhrenmanufakturen sowie Unternehmen aus der Optik und der Medizintechnik auf die Kondensationstrocknung mit Wärmepumpe aufmerksam. Auch Pharma- und Lebensmittelhersteller zeigten starkes Interesse, so dass das Unternehmen zu seiner Airgenex — Kondensationstrocknung die Systemvarianten AIRGENEXmed und AIRGENEXfood entwickelte, um somit den branchenrelevanten Ansprüchen nach Hygiene Design und GMP/GAMP zu entsprechen.
Trocknen mit trockener Luft
Der Erfolg der Kondensationstrocknung auf Wärmepumpenbasis basiert auf zwei Säulen. Zum einen einer hocheffizienten Luftentfeuchtung mittels Wärmepumpe. Dabei wird in einem Entfeuchtungsmodul extrem trockene und damit ungesättigte Luft erzeugt, die anschließend über bzw. durch die zu trocknende Ware geführt wird. Aufgrund der geringen relativen Feuchte in der Umluft nimmt die Luft die Feuchtigkeit der zu trocknenden Produkte sehr schnell auf. Anschließend wird der nun mit Feuchtigkeit beladenen Luft im Entfeuchtungsmodul die gespeicherte Feuchte entzogen. Sie wird auskondensiert und verlässt als Kondensat die Anlage. Im geschlossenen Kreislauf wird die abgekühlte Luft wieder erwärmt und zurück in den Trockenraum geleitet. Dadurch ist der Trocknungszyklus so gut wie emissionsfrei. Abhängig von Produkt und Prozess liegen die Trocknungstemperaturen zwischen 20° und 90° C. Je nach Anwendung wird das sogenannte Airgenex — Entfeuchtungsmodul als separates Modul an den Trockner angeschlossen oder in die Gesamtanlage integriert. Dabei ist es völlig unerheblich, ob es sich um eine Trocknung im Batchbetrieb oder um einen kontinuierlichen Prozess handelt. Airgenex ist ein flexibles Trocknungssystem, das sich für Feststoffe und Verfahren aller Art eignet.
Die richtige Luft am richtigen Ort
Die Trocknungskammer wird prozess- bzw. produktspezifisch mit einem speziellen Umluftsystem mit individueller Luftführung ausgestattet. Die Kondensationstrocknung kann nur ihre volle Wirkung entfalten, wenn die Luftführung richtig umgesetzt wird. Naturgemäß wählt die Luft den Weg des geringsten Widerstands. Sie wird in die richtigen Bahnen gelenkt, denn nur durch das perfekte Zusammenspiel von Entfeuchtungstechnik und Luftführung wird die Kondensationstrocknung für das jeweilige Produkt zum Erfolg. In die Umsetzung dessen fließt das Know-How bei Harter und seine Erfahrung aus 25 Jahren Trocknungsanlagenbau stets ein.
Schluss mit Ausschussware
Ein Pharmaunternehmen hatte große Schwierigkeiten mit vermeintlichem Ausschuss. Die dort produzierten Vials wurden aufgrund äußerer Restfeuchte automatisch aussortiert, da das System sie als undicht einstufte. Durch eine hundertprozentige Trocknung der Ampullen konnte diese Situation eliminiert werden. Hier die Fakten und Zahlen: Gestelle mit in Kassetten befindlichen Vials von 5 – 100 ml Inhalt werden nach dem Sterilisieren in einen Trocken-Kühl-Tunnel gefördert. Sie werden dort bei 55° C 45 min. getrocknet und anschließend 30 min. auf 35° C gekühlt. Der Trocken-Kühl-Tunnel ist zur Aufnahme von 3 Gestellen konzipiert. Insgesamt 3 spezielle, im Tunnel befindliche Ventilatoren sorgen für eine optimale Luftverteilung, wobei jeder Ventilator einen eigenen Kreislauf darstellt, der die zur Trocknung notwendige trockene Luft zielgerichtet durch das jeweilige Gestell bzw. die Kassetten führt. Der hier erzeugte Luftvolumenstrom beträgt ca. 30.000 m³/h. Auf diese Weise kann der Trocknungsvorgang auch bei Teilbeladung reibungslos von statten gehen. Die komplette Anlage hat eine Gesamtanschlussleistung von lediglich 33,4 kW. Die vorhandenen Systeme zur Dichtheitsprüfung können nun beste Dienste leisten. Dadurch, dass die Vials heute wirklich vollständig trocken sind, erhält das System keinerlei Fehlermeldung mehr über die angebliche Undichte der Ampullen.
Trocknung und Kühlung nach Sterilisation
Durch geringfügige Anpassungen kann die Kondensationstrocknung auch zur Kühlung verwendet werden. Diese Tatsache hat sich Harter bereits bei einigen Projekten zunutze gemacht. Im nachfolgenden Fall ging es um die Anforderung eines weiteren Pharmaunternehmens Infusionsflaschen nach der Sterilisation vollständig und reproduzierbar zu trocknen und zu kühlen, um sie direkt der Weiterverarbeitung zuzuführen. Der dort realisierte Trocken-Kühl-Tunnel wird chargenweise mit 12 Warenträgersystemen mit je 7 Trägerwannen bestückt. Dabei handelt es sich beispielsweise um über 15.000 Infusionsflaschen mit einem Inhalt von je 500 ml. Der Sterilisationsprozess dauert 120 Minuten. Nach dem Sterilisieren liegt die Temperatur der Flaschen bei circa 55° C. Auf Wunsch des Kunden wurde der Trocknungsprozess mit der anschließenden Kühlung auf die vorgegebene Taktzeit angepasst. Somit verweilen die Flaschen ebenfalls 120 Minuten im Trocknungstunnel, wobei die Trocknung nach 20 Minuten abgeschlossen ist. Die restlichen 100 Minuten werden für die Kühlung der Flaschen verwendet, damit eine reibungslose Weiterverarbeitung gewährleistet ist. Die im Kühlprozess freigesetzte Energie wird in diesem Fall über das vorhandene Kühlwassersystem abtransportiert. Alle Infusionsflaschen werden heute gleichmäßig und schonend getrocknet und gekühlt. Trocknung und Kühlung sind gänzlich reproduzierbar. Der Tunnel ist mit einem speziellen Umluftsystem zur Erzeugung eines hohen und zugleich geregelten Gesamtluftvolumenstroms ausgestattet. An den Tunnel ist das Entfeuchtungsmodul angeschlossen, das für das erforderliche Klima in den verschiedenen Prozessstufen des Trocken-Kühl-Tunnels verantwortlich ist.
Schonende Trocknung von Hanfblüten
Ein Schweizer Hersteller von Cannabispflanzen suchte eine sanfte Trocknungstechnik für seine hochpreisigen Hanfblüten, deren Bestandteile und extrahierte Wirkstoffe für die Herstellung von Arzneimitteln in der Onkologie und in der Dermatologie verwendet werden. Bei diesem Projekt wurde die Trocknung in einem Hordentrockner aus Edelstahl realisiert. Die Trockenkammer besteht aus 3 Modulen, die jeweils das Flächenmaß einer Europalette haben und somit an vorhandene Erntekörbe angepasst wurden. Nach der Ernte werden je 10 Körbe befüllt und auf einem Rollwagen gestapelt. Jedes Modul kann 4 Rollwagenstapel aufnehmen, d. h. insgesamt finden 12 Stapel mit 120 Körben im Trockner Platz. Bei einer Temperatur von unter 30° C verbleiben die Blüten 24 Stunden im Hordentrockner und werden dort vollständig und gleichzeitig schonend getrocknet. Die Wasserentzugsleistung beträgt ca. 32 l/h. Jedes der drei Module im Trockner ist mit 2 drehzahlgeregelten Prozessluftventilatoren mit max. 2,3 kW Anschlussleistung ausgestattet. Sie erzeugen zusammen einen Luftvolumenstrom von ca. 42.000 m³/h. Die komplette Prozessluft wird über F9-Filter mit einem Abscheidegrad von über 95 Prozent bei einer Partikelgröße von 0,4 µm geführt. Die durchschnittliche Nennleistung der gesamten Anlage liegt je nach gewählten Parametern zwischen 15 kW und 18 kW und ist somit äußerst energiesparend. Die Trocknungsanlagen kann je nach Chargengröße in Voll- und Teilbeladung betrieben werden.