Die am 15. Juni 2023 am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Leibniz-HKI) eingeweihte Robotik-Plattform dient zur beschleunigten Entdeckung neuer Antibiotika. Konzipiert und aufgebaut wurde die Robotik-Plattform in enger Zusammenarbeit mit Analytik Jena. Die Antibiotika-Krise ist eine große medizinische Herausforderung. Zunehmende Resistenzen führen dazu, dass Menschen wieder durch bakterielle Infektionen sterben, die lange als gut behandelbar galten. Gleichzeitig hat sich die Pharmaindustrie weitgehend aus der wenig profitablen Entwicklung neuer Antibiotika zurückgezogen. Ein Hauptgrund dafür ist die mangelnde Rentabilität: Antibiotika werden nur sparsam eingesetzt, zu günstigen Preisen verkauft und haben zudem eine kurze Behandlungsdauer. Öffentlich geförderte Forschung versucht, diese Lücke zu schließen. „Als Land unterstützen wir gezielt anwendungsnahe Forschung, um die Ergebnisse bis zur Wertschöpfung in Thüringen zu führen“, so Katja Böhler, Staatssekretärin für Forschung, Innovation und Wirtschaftsförderung im Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft. Sie verwies insbesondere auf das Innovations-Dachprogramm „Thüringen MOTIVation“, das alle diesbezüglichen Förderinstrumente bündelt. Der Tuberkulose-Wirkstoff BTZ-043 wurde beispielsweise am Leibniz-HKI entdeckt und in Kooperation mit akademischen Partnern und der Industrie weiterentwickelt.
Die Robotik-Plattform, die im HKI Biotech Center aufgebaut wurde, soll künftig Experimente schneller und genauer durchführen können, da repetitive Arbeitsschritte immer genau gleich ausgeführt werden. „Die Kombination von Automatisierung, Datenanalyse und innovativen Forschungsansätzen erhöht die Erfolgschancen bei der Identifizierung neuer Antibiotika“, erklärt Luzia Gyr, Leiterin der Anlage. Wichtige Anforderung der künftigen Nutzer war eine möglichst hohe Flexibilität der Anlage. „Industrieanlagen sind normalerweise durch einen festgelegten Prozessablauf gekennzeichnet. Hier haben wir eine Plattform, die auf die hohe Variabilität der Forschungsthemen des Instituts und seiner Partner eingehen kann“, erklärt Matthias Fischer, Teamleiter der Automation bei Analytik Jena.
Der Aufbau der Anlage wurde durch umfangreiche öffentliche Förderung möglich. Sie wurde zu großen Teilen durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Zwanzig20-Konsortiums InfectControl und seiner Anschlussprojekte finanziert. Weitere Mittel stellte die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Exzellenzclusters Balance of the Microverse sowie das Land Thüringen mit Geldern des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) bereit. Das Gesamtvolumen der Investition beträgt drei Millionen Euro. Zusätzlich fördert der Freistaat Thüringen die gemeinsam mit der Friedrich-Schiller-Universität Jena beantragte Forschungsgruppe RoboThür mit einer Million Euro und ermöglicht so die Rekrutierung von hochqualifiziertem Personal für die Plattform.
Die Robotik-Plattform wird nicht nur den Forschungsgruppen des Leibniz-HKI zur Verfügung stehen, sondern auch der Universität Jena sowie anderen Forschungseinrichtungen und Industriepartnern, mit denen das Institut kooperiert. Nach der erfolgten Inbetriebnahme der Anlage folgt zunächst eine Phase des Aufbaus der ersten Testreihen und der Validierung der Ergebnisse, die einige Monate in Anspruch nehmen wird.