In der streng regulierten Pharmaindustrie entscheidet die Produktqualität. Fast ein Viertel der Produktionsmitarbeiter der Pharmaindustrie arbeitet deshalb in der Qualitätssicherung – die Tendenz ist steigend. Die Ausgaben für dieses Personal und zur Beseitigung von Qualitätsmängeln betragen schätzungsweise zwischen 20 und 30 Prozent der Gesamtkosten. Seit dem Jahr 2010 hat sich die Zahl der Rückrufe von Medikamenten fast verdoppelt, so die Zahlen des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Es gibt also Probleme in der Anwendung von Qualitätssicherungssystemen.
„Wir stellen fest, dass SOP-Dokumentationen fast ausschließlich auf Audits zugeschnitten sind. Für den Mitarbeiter sind deren Inhalte jedoch im Normalfall viel zu kompliziert und eignen sich kaum für Trainings“, sagt Dr. Adam Sobanski, Partner von MAIN5. Das Beratungsunternehmen ist auf komplexe A‑Z-Projekte in der Pharmaindustrie spezialisiert und berät Unternehmen auf dem Weg zu effektiverem Mitarbeitertraining. „Im Idealfall sollte ein Mitarbeiter beim ersten Durchlesen einer SOP verstehen worum es geht“, sagt Sobanski. „Mitarbeiter, besonders die in der Produktion, müssen verstehen, wie sie Routine-Tätigkeiten korrekt und fehlerfrei durchführen können.“
Dafür bieten moderne E‑Learning Module ein ausgezeichnetes Instrumentarium: Einmal erstellt, sparen sie in der Folge zusätzlichen Personalaufwand, sichern stets gleichbleibende Qualität der Trainingsinhalte, ermöglichen ein individuelles Lerntempo und können auch bei hoher Mitarbeiterfluktuation jederzeit eingesetzt werden. In einer fortgeschrittenen Stufe lassen sich auch Trainings außerhalb der realen Produktion in der „Virtual Reality“ durchführen.
Studie bestätigt Audit-Fokus
Die Industrie ist generell sehr stark auf Audits fokussiert, zeigt die durch MAIN5 durchgeführte Studie „Pharma Insights 2019“: 94 Experten aus der Pharmabranche wurden befragt. 70 Prozent von ihnen sind der Ansicht, die SOPs der Pharmaindustrie seien deshalb so unverständlich, weil sie historisch gewachsen sind. 65 Prozent glauben, sie seien primär auf Audits fokussiert. Nur acht Prozent der Befragten halten diese Prozesse und Trainings für zukunftsorientiert. Darin liegt die größte Herausforderung. „Die Erfahrung der aktuellen Großprojekte bei unseren Kunden zeigt, dass E‑Learnings sehr erfolgreich sind, aber auch einen großen Aufwand erfordern“, sagt Sobanski.
Lernen mit Vergnügen ist am effektivsten
Für ein wirkungsvolles E‑Learning reicht es nicht aus, die vorhandenen Spezialisten um Weitergabe ihres Wissens zu bitten. Vielmehr müssen diese Informationen optisch und akustisch in leicht verständlicher und ansprechender Form präsentiert werden (Lernen aus Pflichtbewusstsein ist stets weniger effektiv als Lernen mit Vergnügen). Best practice E‑Learnings sollten interaktiv, einfach und mit einzelnen Modulen von 20 bis 40 Minuten Dauer angelegt sein. Für ihre Erstellung ist eine spezielle Software notwendig, die nach Kundenwunsch ausgewählt wird. Damit werden Templates entwickelt, die ein Grundgerüst für die Inhalte bieten und in ansprechender Form die Lernenden motivieren. Diese Templates erleichtern später auch die rasche Erstellung weiterer Trainingseinheiten, ohne dass besondere IT-Kenntnisse erforderlich wären.
Die gewonnene Zeit kann sinnvoll für die didaktische Aufarbeitung des Inhaltes genutzt werden. Deshalb kann E‑Learning die Grundlage für eine höhere Qualitätskultur im Unternehmen bilden, bei der Vermeidung von Fehlern im Routine-Ablauf helfen und auch zu einer höheren Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Arbeitsgebiet beitragen. Innerhalb des Unternehmens braucht die Trainings-Thematik künftig stärkere Aufmerksamkeit des Managements sowie ein finanzielles Fundament.