Aktuelle gesetzliche Richtlinien zur Textgestaltung und Lesbarkeit von pharmazeutischen Packungsbeilagen erhöhen den Flächenbedarf für diese Patienteninformationen. Um die Forderungen nach mehr Informationen mit einem wirtschaftlichen Verspendeprozess in Einklang zu bringen, sind intelligente Lösungen gefragt. Die deutsche Niederlassung des russischen Pharmaunternehmens R‑Pharm suchte für ein Medikament, das auf dem US-amerikanischen Markt vertrieben wird, genau solch eine Lösung: Die gesetzlich vorgeschriebene Packungsbeilage sollte um einen Medguide zur korrekten Einnahme und Dosierung ergänzt werden. Die August Faller KG entwickelte hierfür eine Outsert-Kombi-Beilage, die ohne Umrüstung in einem Schritt über die vorhandene Spendelinie in die Packung eingebracht werden kann.
„Früher konnten wir den Text in pharmazeutischen Packungsbeilagen mit einer 5‑Punkt-Schrift drucken. Heute fordert der Readability Guide 2008 eine Mindestschriftgröße von 9 Punkt sowie eine klare und für den Patienten schlüssig nachvollziehbare Gestaltung der Beilagen“, beschreibt Tilmann Wild, Niederlassungsleiter in Binzen bei der August Faller KG eine der vielen regulatorischen Anforderungen, die zur Neugestaltung der Texte und somit zu einem höheren Flächenbedarf für Packungsbeilagen führen. Ein weiterer Aspekt, der zu einer Vergrößerung der Packungsbeilagen führt, ist die Zusammenlegung mehrerer Länder und damit die Mehrsprachigkeit der Informationstexte. Auf diese Weise kann das Format der Beilage im offenen Zustand durchaus eine Größe von einem halben Quadratmeter erreichen.
Neue Produkte für mehr Patienteninformation
Diese Entwicklungen führten von der vorgefalzten zur kleingefalzten und letztendlich zur Outsert-Beilage, die in der Endfalzung viele Lagen besitzt und zur besseren Weiterverarbeitung häufig verschlossen wird. „Oft reicht jedoch nicht einmal mehr die reine Outsert-Beilage, um den Informationsbedarf zu decken“, so Tilmann Wild, Niederlassungsleiter des Unternehmens. Dies führte dazu, dass viele Pharmaunternehmen die eigentliche Packungsbeilage mit den ausführlichen, rechtlich vorgegebenen Informationen zu den Kontraindikationen und Nebenwirkungen des Medikaments sowie alle gesetzlich vorgegebenen Pflichttexte und Hinweise mit einer zweiten Schnellanleitung kombinieren. Ziel ist es, dem Patienten die wichtigsten Informationen zur korrekten Einnahme des Medikaments anschaulich und leicht nachvollziehbar zu präsentieren. Zugleich erhöht die zusätzliche Informationsbroschüre die Compliance des Patienten.
Eine Möglichkeit, beide Packungsbeilagen in eine Faltschachtel einzubringen, ist das Verspenden der einzelnen Beilagen über verschiedene Aggregate. Nachteil hierbei ist jedoch ein erhöhter Rüstaufwand zu Lasten der Wirtschaftlichkeit des Verpackungsprozesses. Für den Faller-Kunden R‑Pharm, ein Lohnhersteller von Produkten für einen großen Pharmazeuten, kam diese Lösung einer zweiten Spendeeinheit daher nicht infrage. Zwar benötigte das Unternehmen für den US-amerikanischen Markt eine ergänzende schriftliche Information zusätzlich zur Packungsbeilage. Doch dieser Medguide, der die korrekte Einnahme und Dosierung der Tabletten noch einmal in leicht verständlicher Kurzform erklärt und Bilder sowie Icons zur Veranschaulichung nutzt, sollte in nur einem Schritt zusammen mit der eigentlichen Packungsbeilage eingespendet werden können. Dieser Prozess und der Rüstaufwand sollten unverändert bleiben. Gefragt war eine wirtschaftliche Technologie, bei der beide Informationen in einem Schritt mit dem vorhandenen Revolveranleger in das Wallet eingebracht werden. Vorgegeben waren das Endformat der kombinierten Packungsbeilage (83 mm x 115 mm) sowie die ungefähre Textlänge des Medguides. Überdies durften beide Teilprodukte für ein problemloses Abpacken nach der Verbindung nicht mehr als ± 1,5 mm Überstand aufweisen.
Die Lösung: Das Kombiprodukt
Das Unternehmen wählte für die eigentliche Packungsbeilage die Form eines per Klebeetikett verschlossenen Outserts. Im Falle des Medguides mit Zusatzinformationen zur Medikamenteneinnahme und ‑dosierung entschieden sich die Spezialisten für pharmazeutische Verpackungen für die Form einer kleingefalzten Beilage mit Haftetikettenverschluss. Die Verbindung beider Teilprodukte erfolgte durch zwei Reihen mit vier Heißleimklebepunkte, da sich dies in Vorversuchen als optimale Lösung für die Spendelinie von R‑Pharm erwiesen hatte. „Durch die Kombination des Outserts mit der kleingefalzten Zusatzbeilage verbessern wir die Gesamtanlageneffizienz auf der Abpacklinie des Kunden“, sagt Tilmann Wild. R‑Pharm kann auch das Kombiprodukt wie zuvor die einzelne Packungsbeilage mittels Revolveraggregat in die Verpackung einfügen. Auf diese Weise spart der Lohnhersteller Kosten im sechsstelligen Bereich und Platz in der Werkshalle, denn er muss für das Verspenden beider Produkte in eine Verpackung kein zusätzliches Equipment wie Zuführschächte oder ähnliches einsetzen bzw. einkaufen. Die korrekte Vereinzelung der Kombibeilagen im Spendevorgang überprüft R‑Pharm während des Prozesses über eine Gewichtskontrolle sowie eine Codeleserprüfung.
Kurze Entwicklungszeit und effiziente Qualitätskontrolle
Faller benötigte für die Entwicklung einer geeigneten Beilagenform für das Kombiprodukt nur wenige Monate. Die Projektphase startete im Frühsommer 2015, ausgeliefert wurden die fertig kombinierten Packungsbeilagen im September 2015. Bis Dezember 2015 verspendete R‑Pharm bereits 800.000 Kombiprodukte störungsfrei. „Zum hervorragenden Gelingen des Projekts trug wesentlich die intensive Kommunikation mit Faller und die Abstimmung auf jeder Projektstufe bei. Angefangen von der ersten Packmitteldefinition bis zur Endabnahme des Maschinenversuchsmaterials. So konnten beide Seiten Erfahrungen einbringen und voneinander lernen“, erklärt Barbara Ludwig von R‑Pharm. Sie lobt außerdem die große Offenheit für Optimierungsmöglichkeit.
Zum reibungslosen Projektablauf trug auch die effiziente Qualitätskontrolle bei. Denn bevor die Kombiprodukte das Haus verlassen, prüfen Kamerasysteme neben Druckbild und Textvollständigkeit auch, ob tatsächlich die richtigen beiden Teilprodukte miteinander verbunden sind. „Um unserer Nachweispflicht nachzukommen, speichern wir diese Prüfdaten. Sie können noch ein Jahr nach der Produktion abgerufen werden“, erklärt Tilmann Wild.
Zahlreiche Variationsmöglichkeiten
Neben der Kombination mit einem Medguide erlaubt die Technologie auch die Verknüpfung von Packungsbeilagen mit Alkoholtupfern, Spateln oder ähnlichen Produktergänzungen. Die Verbindung kann wahlweise über Klebepunkte oder ‑streifen sowie über Etiketten oder Banderolen erfolgen. Ganz nach Wunsch des Kunden und Art des Einbringens in die Medikamentenverpackung. So kann es beispielsweise auch eine Lösung sein, die Packungsbeilage bereits direkt bei Faller in die Faltschachtel einzukleben. Damit entfällt für den Kunden der Aufwand für die Einspendung der Beilage. Ihm bleibt lediglich das Befüllen der vorkonfektionierten Schachtel mit dem Medikament. „Wenn wir die Anlegetechnologie des Kunden kennen, können wir die Kombiprodukte präzise auf die vorhandene Spendelinie zuschneiden und auf diese Weise dafür sorgen, dass sie problemlos eingefügt werden können“, erklärt Tilmann Wild, der zusammen mit seinen Kollegen die Kunden bei allen Fragestellungen rund um Pharmaverpackungen und Beilagen intensiv berät und passgenaue Lösungen entwickelt.