Weltweit fordert Tuberkulose circa 1,5 Millionen Opfer pro Jahr. Sie gehört damit zu den gefährlichsten durch Bakterien ausgelösten Krankheiten. Besorgniserregend ist vor allem die zunehmende Verbreitung multiresistenter Erregerstämme. Ein Verbund aus Forschern und Unternehmern entwickelt derzeit mit öffentlicher Finanzierung ein Antibiotikum, das auch gegen resistente Stämme wirkt.
Am 24. März 1882 verkündete Robert Koch die Entdeckung des Tuberkulose-Erregers. Ihm ist es zu verdanken, dass die Krankheit sowohl diagnostizierbar als auch behandelbar wurde. Der 24. März wurde deshalb zum Welttuberkulosetag ausgerufen. Gerade heute ist es wichtig, über die gefährliche Infektionskrankheit aufzuklären, denn 136 Jahre nach Kochs Durchbruch sehen wir uns erneut einer großen Bedrohung durch Tuberkulose ausgesetzt.
Besorgniserregend sind vor allem multiresistente Erreger, gegen die kaum noch ein Therapeutikum wirkt. Über den hochfrequentierten Flugverkehr verbreiten sie sich aus armen Regionen wie Indien, Afrika oder auch Osteuropa über den gesamten Erdball.
Trotz steigender Infektionszahlen stagniert die Entwicklung neuer Antibiotika, da sich Pharmaunternehmen weitgehend aus diesem Sektor zurückgezogen haben. Deshalb besteht ein zunehmender Bedarf an neuen antiinfektiven Medikamenten zur Behandlung gefährlicher Infektionen wie der Tuberkulose.
Ein Team aus Wissenschaftlern und Unternehmern versucht nun, diese Lücke zu schließen: Ein Prüfmedikament eines aussichtsreichen Wirkstoffs gegen Tuberkulose mit der Bezeichnung BTZ043 steht kurz vor einer klinischen Studie, die am Tropeninstitut der Ludwig-Maximilians-Universität München durchgeführt wird. Sie soll die Verträglichkeit für den Menschen sicherstellen. Am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut – (HKI) wurde die Substanz entdeckt, die auch gegen hochresistente Tuberkulosestämme wirkt.
„BTZ043 greift so gezielt und effektiv in den Aufbauprozess der Zellwand des Bakteriums ein, sodass der Wirkstoff nur den Erreger bekämpft und nicht etwa wichtige Darmbakterien“, erklärt Florian Kloß die Eigenschaften der Substanz. Der Chemiker leitet die pharmakologischen Studien, die nur durch die gemeinsame Finanzierung aus öffentlicher und privater Hand zustande kam. Insbesondere die beiden Forschungsverbünde InfectControl 2020 und das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung sowie der Freistaat Thüringen unterstützen die Wirkstoff-Entwicklung.
Kloß und seine Kollegen fordern jedoch zusätzlich das gemeinsame Engagement von Unternehmen, Wissenschaft, Politik, Ärzten und Kostenträgern. „Alle Akteure müssen gemeinschaftlich handeln, um den verantwortungsvollen Gebrauch vorhandener Antibiotika zu fördern und zugleich den Antibiotika-Markt für Unternehmen attraktiver zu gestalten“, führt der Jenaer Wissenschaftler weiter aus. Nicht nur die schlechten Gewinnaussichten für Pharmaunternehmen und ein hohes Ausfallrisiko der getesteten Moleküle hemmen die Entwicklung neuer Antibiotika. Mittlerweile besteht auch ein Mangel an Experten sowie an neuartigen Molekülstrukturen.